Hier sind einige aktuelle arbeitsrechtliche Urteile zur Compliance:
1. Arbeitsgericht Erfurt – Widerruf diskreditierender Äußerungen
Aktenzeichen: 4 Ca 1285/23
Datum: 13. März 2024
Sachverhalt:
Ein Mitarbeiter eines Unternehmens (Daimler Truck AG) verschickte eine E-Mail an mehrere Personen im Unternehmen, in der er einem Kollegen vorwarf, Compliance-Regeln nicht einzuhalten. Der beschuldigte Mitarbeiter sah sich dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und verlangte den Widerruf dieser Anschuldigungen.
Entscheidung:
Das Gericht gab dem Kläger recht. Es entschied, dass die in der E-Mail enthaltenen pauschalen Vorwürfe nicht ausreichend belegt seien und die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzen. Der Absender der E-Mail wurde verpflichtet, die Anschuldigungen gegenüber den Empfängern der Nachricht zu widerrufen.
2. Bundesarbeitsgericht – Fristlose Kündigung nach Compliance-Untersuchung
Aktenzeichen: 2 AZR 483/21
Datum: 5. Mai 2022
Sachverhalt:
Ein Vertriebsleiter wurde verdächtigt, ein geheimes Dokument des Bundesverteidigungsministeriums unbefugt in seinem Besitz zu haben. Nach einer internen Compliance-Untersuchung entschied der Arbeitgeber, ihn fristlos zu kündigen. Der Vertriebsleiter erhob dagegen Kündigungsschutzklage.
Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hob die vorherigen Urteile auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Es stellte klar, dass ein Arbeitgeber sorgfältig nachweisen muss, dass die Compliance-Untersuchung ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die fristlose Kündigung innerhalb der gesetzlichen Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB erfolgte.
3. Bundesgerichtshof – Geldbuße für Unternehmen bei unzureichendem Compliance-System
Aktenzeichen: 1 StR 265/16
Datum: 9. Mai 2017
Sachverhalt:
Ein Unternehmen wurde mit einer Geldbuße belegt, nachdem sich herausstellte, dass interne Regelverstöße zu Steuerhinterziehungen führten. Es stellte sich die Frage, ob das Fehlen eines funktionierenden Compliance-Systems die Höhe der Geldbuße beeinflussen kann.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof entschied, dass Unternehmen, die kein effektives Compliance-Management haben, bei Verstößen mit höheren Bußgeldern rechnen müssen. Gleichzeitig könne ein funktionierendes Compliance-System im umgekehrten Fall eine bußgeldmindernde Wirkung haben.
4. Bundesgerichtshof – Beihilfe zum Betrug durch Unterlassen
Aktenzeichen: 5 StR 394/08
Datum: 22. April 2009
Sachverhalt:
Ein Leiter der Innenrevision eines öffentlichen Unternehmens stellte fest, dass betrügerische Abrechnungen eingereicht wurden, unterließ jedoch jegliche Maßnahmen, um diese zu verhindern. Die Frage war, ob er sich durch sein Unterlassen strafbar gemacht hatte.
Entscheidung:
Der BGH entschied, dass eine Beihilfe zum Betrug durch Unterlassen vorliegt, wenn eine Person aufgrund ihrer Position im Unternehmen eine sogenannte Garantenstellung innehat und trotz erkennbarer Unregelmäßigkeiten nicht eingreift. Das Urteil betont die Verantwortung von Compliance-Verantwortlichen, Verstöße zu melden und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Diese Entscheidungen zeigen, wie wichtig ein funktionierendes Compliance-System für Unternehmen ist und welche rechtlichen Konsequenzen Verstöße oder unterlassene Maßnahmen haben können.